Wege zur Gleichberechtigung

Buchtitel: Gender equality. Implementierungsstrategien in japanischen Präfekturen
Autorin: Phoebe Stella Holdgrün
Verlag, Erscheinungsjahr: Iudicium, 2014
ISBN 978-3-86205-042-0

Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung folgen in den verschiedenen Ländern ihrer eigenen Dynamik, könnte man versucht sein die Thematik abzuweisen. Vor dem Hintergrund der je besonderen historischen Voraussetzungen und kulturell geformten Eigenarten, scheint eine Vergleichbarkeit des Standes der Dinge schwierig. Nun darf man aber davon ausgehen, dass Staaten, welche sich mit Unterzeichnung der einschlägigen Moratorien verpflichtet haben Maßnahmen ihrer Umsetzung zu initiieren, gleichzeitig bekunden ein und denselben Wertekanon zu teilen. Im „Global Gender Gap Report 2013“ des World Economic Forum, der ein Ranking von 133 Nationen spiegelt, belegt Deutschland Platz 14, Österreich Platz 19, Japan Platz 105. (Im asiatischen Raum sind die Philippinen, Position 5, als Spitzenreiter ausgewiesen. Südkorea belegt Rang 111.) Resümierend wurde unter anderem auf folgendes fokussiert: „Zugang zu Gesundheit und Bildung ist zunehmend gerechter verteilt, aber bei wirtschaftlicher Gleichstellung und politischer Teilhabe besteht hoher Handlungsbedarf.“(www3.weforum.org/docs/WEF_NR_GGGR_Report_2013_DE.pdf)
In der vorliegenden Studie, mit der die Autorin an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf ihre Doktorarbeit vorlegte, werden die Gründe der Diskrepanz zwischen den politischen Zielvorgaben und der bis in den Untersuchungszeitraum gediehenen Umsetzung am Beispiel zweier Präfekturen, Shiga(Region Kinki auf Honshū) und Nagasaki (Region Kyūshū) tiefschürfend untersucht. Das dafür in Frage kommende Instrumentarium wird nachvollziehbar diskutiert, die Entscheidung für qualitative Methoden überzeugend begründet. Längst ist der Variantenreichtum an Vorgehensweisen in den Spektren der Sozialforschung ins Unübersichtliche gediehen, sodass allein die Auswahl des adäquaten Instrumentariums eine beachtliche Expertise voraussetzt. Vor diesem aufwendig gestalteten Hintergrund mag es vielleicht ein wenig frappieren, dass Holdgrün die Reichweite der aus der Untersuchung gezogenen Erkenntnisse selbst sehr eng fasst und keine Generalisierbarkeit behauptet. Das schmälert den Wert ihrer Arbeit freilich nicht, sondern unterstreicht stattdessen deren Relevanz.
Die von allerlei Wechselfällen begleitete Entwicklung Japans von einem Zentralstaat zu einem Staat, in welchem den 47 Gebietskörperschaften Rahmenbedingungen für eigene Gestaltungsmöglichkeiten verbrieft werden, setzt im Wesentlichen nach 1945 ein. Dass in den einzelnen Präfekturen die Praxis dieser Politik unterschiedliche Ausprägungen findet, verwundert nicht. Sind doch allein die sozio-ökonomischen Gegebenheiten in allen Winkeln des Landes nicht ein und dieselben. So vermögen in einem Landesteil Bürgerinitiativen, die die Partizipation an Meinungsbildungsprozessen öffentlich machen, die Teilhabe von Frauen als Selbstverständlichkeit ins Bild setzen und damit die Hemmschwelle, dieselben auch an entscheidungsrelevanten Positionen der Verwaltung zu denken, senken. Wenn ein Gouverneur einer möglichen Nachfolgerin expressis verbis das Feld ebnet, kann das natürlich nicht schaden. Während sich die Strategien zur Geschlechtergleichstellung in den Präfekturen Shiga und Nagasaki unterscheiden, unterscheiden sich auch deren erkennbare Auswirkungen. Dennoch bleibt nicht nur in den ausgewählten Gebieten women’s empowerment ein laufendes Projekt. In ihrem Fazit listet die Autorin Möglichkeiten auf, den Prozess zu unterstützen.

Jüngst wurde im japanischen Parlament tatsächlich über Möglichkeiten debattiert, wie man Frauen zur Geburt von Kindern verpflichten könnte (berichtete Daniela Tan in der NZZ vom 26.6.2014). Es gibt also noch viele Baustellen.



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