Schattenspiele

Buchtitel: Baumschatten
Autor: Maruya Saiichi. Aus dem Japanischen von Tobias Cheung
Verlag, Erscheinungsjahr: Angkor Verlag, 2010
ISBN 978-3-936018-76-9

Dieser belletristische Text lässt einen rasch ins Werweissen darüber verfallen, welchem Genre er zugedacht sein will? Einem Essay, einer Abwandlung eines japanischen Ich-Romans, gar einer Studie über die Genese literarischen Schaffens oder einem Brouillon über niemals erschöpfend zu reflektierende Vorlieben? Das stetig wiederkehrende Behagen an Baumschatten als durchgängiges Motiv, legt einem nahe über die Bedeutung des Schattens in der Kunst Ostasiens im Allgemeinen, über Tanizaki Jun’ichiros „Lob des Schattens“ im Besonderen nachzudenken. Der Schatten als Beförderungsvehikel der Imaginationskraft, als Verweis auf das Eigentliche im Sinne des Platon’schen Höhlengleichnisses, als Aussparung oder Stellvertreter bieten sich als Deutungshilfen an. Möge bedacht sein, dass im Zen-Garten nicht der rhythmische Klopfschlag des sich mit Wasser füllenden Bambusrohrs die Stille strukturiert, sondern umgekehrt die Stille erst den Klang „erzeugt“, könnte man unterstellen Maruya Saiichi ist es in diesem Buch darum zu tun, den Leser oder die Leserin dorthin zu lenken, wo der Text sich jeweils gerade nicht befindet. Das muss man mögen oder es kann einen dermaßen auf den Nerv gehen, dass man die Lektüre an einer Stelle einfach preisgibt. Ehrlich gesagt, habe ich mich auch schwer getan und wäre da nicht im letzten Drittel eine Geschichte über die Konsternierung von gewiss geglaubten Familienverhältnissen aufgetaucht, hätte man auch mich nicht gewonnen.
Der Autor Maruya Saiichi, geboren 1925, zählt unbestritten zu den renommierten Autoren Japans. Ich werde mir aber noch anderes von ihm zu Gemüte führen müssen, um eine breitere Voraussetzung für eine Einschätzung zu gewinnen.
Eine Assoziation zu Peter Weiss’ „Der Schatten des Körpers des Kutschers“ hat sich wahrscheinlich nur mir aufgedrängt.
Das Buch kann allen, die nicht nur die leichte Kost in literarischen Dingen bevorzugen, durchaus empfohlen werden.



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