Ein weiteres Buch über Fukushima

Buchtitel: Fukushima. Vom Erdbeben zur atomaren Katastrophe
Autoren: Florian Coulmas, Judith Stalpers
Verlag, Erscheinungsjahr: C. H. Beck, 2011
ISBN 978-3-406-62563-3

Christoph Neidhart berichtete in einem Artikel am 30.9.2011 in der Süddeutschen Zeitung („’Kaltabschaltung’“ in Fukushima. Wassertemperatur in allen zerstörten Reaktoren unter 100 Grad gefallen“) von einem Interview des japanischen Ex-Premiers Kan, in welchem dieser preisgab, seine Regierung hätte in den ersten Tagen nach der Nuklear-Katastrophe durchaus über eine Evakuierung der 35 Millionen Einwohner Tokios nachgedacht. Vor dem Hintergrund dieser Eröffnung und in Erinnerung der leicht grenzwertigen Informationspolitik des Atomkraftwerksbetreibers, nimmt sich die so massenhafte wie fluchtartige Verwandlung der gaijin in flyjin nicht unbedingt als völlig grundlose Panikreaktion aus. Dass sich so manche Auslandsvertretung im Jahr der diplomatischen Jubiläen mit ihrem Auszug aus Tokio nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, gibt Kritik durchaus Raum. Aber wäre man selbst vor Ort im Verlauf der sich überstürzenden Ereignisse, der Beschwichtigungen und der halben Dementis, die Coolness-Schiene gefahren?
Die Verfasser dieses Buches leben seit geraumem in Tokio und haben in zahlreichen Publikationen das Japan der Gegenwart und der Vergangenheit erhellt. Florian Coulmas ist zudem Direktor des Deutschen Instituts für Japanstudien und hat in dieser Funktion auch eine große Zahl wissenschaftlicher Arbeiten unterstützt. Ihr gemeinsames Buch über das Große Ostjapanische Beben und die Ereignisse von Fukushima ist also ein weiteres zum Thema. Und es enthält im Vergleich zu den bereits erschienen Publikationen nicht wirklich Neues. Die Fakten sind, wie gewohnt, sehr sachlich verhandelt, allein das Kapitel „Gelassenheit und Disziplin“(S. 101) schlägt einen ungewöhnlich moralisierenden Ton an. Und dass man ein anderes mit „Fukushima mon amour“ überschreibt, nachdem das schon dem deutschsprachigen Lektorat zur Übertragung von Daniel de Roulets Essay eingefallen war, ist entbehrlich.
Erlöse aus dem Verkauf des Buches kommen einem japanischen Waisen-Fonds zugute.



Ein Kommentar

  1. Danke für die Besprechung. Ich hatte überlegt, das Buch der Vollständigkeit halber auch zu lesen. Aber man muss das Thema ja auch nicht immer wiederkauen.

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