Einem Versprechen folgend

Buchtitel: Die Stadt und das Mädchen
Autor/Zeichner: Jiro Taniguchi. Aus dem Japanischen von Tsuwame und Resel Rebiersch
Verlag, Erscheinungsjahr: Schreiber & Leser, 2009 (2. Aufl.)
ISBN 978-3-937102-65-8

Comic ist nicht gleich Comic und Manga nicht gleich Manga. Was Wunder also, dass es auch Mangaka aller Qualitätsstufen gibt. Manches von dem Zeug scheint ja wirklich nur für das forcierte Durchblättern während Bahnfahrten ersonnen und dazu angetan, irgendwelchen hanebüchenen Handlungen mit derselben Schnelligkeit zu folgen, mit der man sie gleich darauf hin wieder vergisst. Die Arbeiten Taniguchis gehören ganz entschieden nicht zu diesen Elaboraten, die der Qualität eines Kraus’schen Häuslblatts in nichts nachstehen. Taniguchi zeichnet Panels in einer spektakulären Detailversessenheit, die den Aufwand, eine Geschichte ins Bild zu setzen, erahnen lassen. Seine Charaktere sind keine mit Marotten oder Wunderkräften ausgestattete Schießbudenfiguren und den Handlungen, sofern sie nicht überhaupt dem Alltagsleben geschuldet sind, eignet häufig eine bestechende Realitätsnähe. Das verhält sich in „Die Stadt und das Mädchen“ [Japanischer Originaltitel: Sousaku sha] nicht anders. Der etwas weit weg vom Schuss in den japanischen Alpen auf einer Berghütte hausende Eigenbrötler Shiga bricht darin nach Tokio auf, um der Witwe seines besten Freundes bei der Suche nach deren plötzlich verschwundener Tochter Megumi beizustehen. Albert Drach postulierte einmal als das Wesensmerkmal eines Romans, der Protagonist müsse darin eine Wandlung oder Läuterung durchmachen. Nach dieser Definition [die im Übrigen etwas polemisch den Großteil der deutschsprachigen Literatur in den Orkus verwünschte] kann man „Die Stadt und das Mädchen“ als einen ins Bild gesetzten Roman ansprechen. Der beiläufig auch noch ein Phänomen, das unter dem so irreführenden wie verharmlosenden Begriff „enjo kōsai“ bekannt ist, in den Mittelpunkt rückt. Nahezu großes Kino, zu dem man sich sogar den Riesenpopcornkübel sparen kann.



Ein Kommentar

  1. Ich habe von Taniguchi gerade gestern “Die Sicht der Dinge” beendet und bin sehr angetan. Ich bin auf ihn gestoßen, weil ich die Graphic Novel zu Kawakamis “Der Himmel ist blau, die Erde ist weiß” testen wollte – und dann hat mir der Erzählstil so gefallen, dass ich mir gleich Nachschub geholt habe.

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