Der Osten im Westen, der Westen im Osten

Buchtitel: Passagen. Studien zum Kulturaustausch zwischen Japan und dem Westen
Autor: Walter Ruprechter
Verlag, Erscheinungsjahr: Iudicium, 2015
ISBN 978-3-86205-431-2

Der Autor versammelt in diesem Buch eine Fülle von Untersuchungen, in deren Mittelpunkt die Begegnung mit der japanischen Kultur steht. „Kultur“ wird hier nicht als Universalie aufgefasst, die ihre Ausdifferenzierung erschöpfend in der Unterscheidung nach und in der Zuschreibung zu verschiedenen Ländern und Ethnien erfährt. Damit sollte vermieden werden, den inflationär eingesetzten Begriff als wertende Kategorie zu beanspruchen, was es verunmöglicht Kulturen gegeneinander auszuspielen oder gar einem Kampf derselben das Wort zu reden. Die Gegengefahr indes, Unterschiede salopp zu nivellieren oder sie in einem ominösen Wesenskern, wie dem Hegelschen „Weltgeist“ aufgehoben zu wissen, wird freilich auch nicht übersehen.
Ruprechter, Germanist und Kunsthistoriker, lehrt seit 1992 an der Tokyo Metropolitan University. Die Lektüre der Aufsätze lässt sich sehr kurzweilig an und vermag gewiss nicht nur die einschlägig bewanderte Klientel anzusprechen.
Die Lesart des Romans „Der Samurai“ von Shūsaku Endō macht gerade auf diesen neugierig. Die Beschäftigung mit einer Arbeit des Schweizer Schriftstellers Adolf Muschg, der, selbst mit einer Japanerin verheiratet, eine besondere Affinität zu Japan entwickeln konnte, rät einmal mehr zu einem Werk von Muschg zu greifen.
Ein Vergleich von Schöpfungen der Konkreten Poesie im Deutschen und Japanischen macht Analogien offensichtlich und das breitere Spektrum an Deutungen im Japanischen klar.
Der japanische Architekt Sutemi Hiroguchi wird als Vermittler zwischen Ost und West vorgestellt, dessen vielleicht wichtigstes Bauwerk, das Haus Okada, einen japanischen mit einem europäischen Trakt zusammenführt. Der japanische Teil wird als wohlüberlegte Anordnung von Zeichen entschlüsselt. Was Wunder, dass auch auf Roland Barthes die Rede kommt und immer wieder auf Bernard Rudofsky Bezug genommen wird.
Sich in Tokio zurechtzufinden, das sogenannte Banchi-System ist durchaus eine Herausforderung, kann dem einen zum Quell der Inspiration werden, den anderen zu Ironie und charmantem Sarkasmus anregen.
Erhellend: Die Deutung des subtilen Begriffes mitate (見立て).



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