Buchtitel: Spiegel, Schwert und Edelstein. Strukturen des japanischen

Autor: Kurt Singer [aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Wilhelm]
Verlag, Erscheinungsjahr: Suhrkamp, 1991
ISBN 3-518-11445-X

Das Schicksal des Autors selbst füllte ein Buch und das Zustandekommen vorliegenden Werkes nicht weniger. Jemand hat es einmal als die beste, verfügbare Arbeit über Japan ausgegeben. Na ja, man muss die Zeitläufte berücksichtigen, innerhalb derer es entstanden ist. Der Verfasser, Professor der Nationalökonomie, verließ Deutschland Anfang der 1930er Jahre, um einem Ruf einer Tokioter Universität Folge zu leisten. Er verbrachte in dem Land seiner Träume insgesamt über acht Jahre, ehe es ihn nach Australien verschlug. In Europa und Ostasien hatten sich die Dinge zwischenzeitlich grauenhaft verändert.
Wer sich mit der Eigenart japanischen Lebens auseinandersetzen möchte, ist mit dem Buch vielleicht weniger gut bedient, wie wohl das gerade Gegenstand des Buches ist. Aber der Autor ist, aus heutiger Sicht, zu sehr einer Schule der Betrachtung verpflichtet [ich zumindest spüre aus jeder Zeile Arnold Gehlen und Konsorten herauswinken], die sich leidlich verstaubt ausnimmt. Wer aber wissen möchte, wie zwei, drei Generationen vor uns aus europäischer Perspektive (oder mit europäischem Hintergrund) seriös über Japan gehandelt wurde, kann an der Schwarte nicht vorbei. [Man braucht sich ja nicht gleich bei Engelbert Kämpfer oder Lafcadio Hearns einzulesen, wenn man sich nicht der Mühsal einer komparatistischen Anthropologie unterziehen muss.] Faszinierend bleibt das Detailwissen Singers, wenngleich etliche Syllogismen auf, wiederum aus heutiger Sicht, falsch unterlegten Prämissen beruhen. Dem Ganzen fehlt zudem ein Index, was seine Handhabe nicht eben erleichtert. Einige Gedankengänge regen dazu an, gewissen Konsequenzen weiter nachzugehen. Etwa diesem: “Die Tokugawa-Regierung hatte sich durch systematisches Misstrauen, Bespitzelung und Unterdrückung individueller Gefühle und Gedanken am Leben gehalten.”(S. 48) In Österreich könnte man, um eine Parallele herzustellen, mit Friedrich Heer das Verfangen der Gegen-Aufklärung und den Metternich-Staat als Grundübel dingfest machen. Und den bejammernswerten Zustand der Zivilgesellschaft brauchen wir Japan auch nicht vorzuhalten. Das trifft uns genauso!



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