Hagakure

Buchtitel: Jōchō Yamamoto – Hagakure
Zusammengestellt von Tsuramoto Tashiro. Aus dem Japanischen übersetzt und kommentiert von Max Seinsch. Mit 15 farbigen Holzschnitten von Kuniyoshi Utagawa
Verlag, Erscheinungsjahr: Reclam, 2009
ISBN 978-3-15-010694-5

Das Hagakure ist, im Grunde genommen, ideologischer Schrott mit zeitweilig verheerender Wirkung. Veranstalteten nicht gewisse Kreise immer wieder einen Mordsbohei um es, könnte man das Brevier getrost vergessen. Zu den paar deutschsprachigen Ausgaben gesellt sich aber nun eine ganz brauchbare. Der Übersetzer und Kommentator Max Seinsch kolportiert nicht den üblichen Stuss vom stoisch-todesverachtenden Samurai-Ethos, das selbst zeitgenössischen Wirtschaftskapitänen bis in die Zehenspitzen gefahren sein soll. Er rekonstruiert den historischen Kontext, in dem das Werk entstanden ist, entmystifiziert seinen Urheber, Yamamoto Jōchō, der mit Glück und Chuzpe durch sein Leben laviert und noch die Stirn besitzt, sein spätes Mönchsdasein als eine besondere Form des junshi, dem ‚Seinen-Herrn-in-den-Tod-Nachfolgen’ zu erhöhen.
Vom ursprünglichen, elf Bände umfassenden Werk, sind die beiden ersten in die Übersetzung eingeflossen. Ein nicht zu aufdringlicher Anmerkungsapparat begleitet die Chose.
Das Dilemma des Hagakure verdeutlichen „ungemütlichere Aspekte, wie zum Beispiel die bedingungslose Unterwerfung unter die zweifelhafte Autorität eines allzu menschlichen Herrschers, dessen Mängel es um jeden Preis zu vertuschen gilt.“(Seinsch, S. 46)
Gleichwohl auch die Tatsache, dass es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts über die Grenzen der Domäne Saga, auch Hizen geheißen, hinaus keinerlei Einfluss hatte (vgl. S. 43). Zum dritten tritt die Fibel für den kusemono, den ‚draufgängerischen Haudegen’ erst im 20. Jahrhundert ins Licht einer bedenklichen Aufmerksamkeit.
Dem britischen Militärhistoriker John Keegan ist die Würdigung der Perspektive von einzelnen Soldaten auf Kriegsgeschehnisse zu danken. Damit verlieren Schlachten die ideologische Überhöhung als ‚Völkerringen’ oder ‚Heldenbegegnungen’ und erfassen stattdessen das individuelle menschliche Leid. Übertragen auf eine von den mörderischen Zeiten der japanischen Geschichte, der Periode der „kriegführenden Fürstentümer“ (sengoku jidai), ergibt diese Lesart ein Panorama der entsetzlichsten Unmenschlichkeiten, die durch keine nachträgliche Handlungsanweisung in ihrer Ereignisfolge ungeschehen gemacht oder auch nur verharmlost werden kann.
Der Ausgabe sind 15 Holzschnitte aus der berühmten Bildserie Taiheiki Eiyūden von Utagawa Kuniyoshi beigegeben.



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