Japanischer Alltag vor zwanzig Jahren
Buchtitel: Berichte aus dem japanischen Alltag
Autor: Peter Odrich
Verlag, Erscheinungsjahr: Birkhäuser, 1987
ISBN 3-7643-1897-X
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Peter Odrich, mittlerweile in Großbritannien lebend, übersiedelte 1981 als Wirtschaftskorrespondent nach Tokio. Das Buch versammelt Erlebnisse und Eindrücke der Familienmitglieder in der neuen Umgebung, die ursprünglich im Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung veröffentlicht worden sind. Auch wenn man den zeitlichen Abstand, der seit dem Erscheinen der Artikel anwächst, zu berücksichtigen hat – mit kühnerer Rasanz scheint sich weniges so zu verwandeln wie die ostasiatischen Gesellschaften – darf man eine sehr kurzweilige Lektüre erwarten. Und vielleicht ist ja der Vergleich, was an dem in den Schilderungen Dargelegten gleich geblieben ist und was sich tatsächlich verändert hat, ein zusätzlicher Anreiz.
Etwa der Japaner Feinsinn für Autopflege – jeder führt entsprechendes Equipment im Kofferraum spazieren; das Plastikessen in den Schauvitrinen der Gastronomiebetriebe – renommierte Firmen haben sich auf die Herstellung dieser nicht gerade billigen Imitate spezialisiert und sich ein zweites Standbein mit der Produktion medizinischer Präparate geschaffen. Dass man zu den Stoßzeiten als eingelegter Hering in den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, hat sich gewiss ebenso wenig verändert, wie die aufmerksame Beobachtung als gaijin durch Distriktspolizisten und Nachbarschaftsneugierde. Was aber ist aus der japanischen Siesta geworden, dem epidemischen Mittagsschlaf, dem sich vom Lastkraftfahrer bis zum Waschmaschinenmonteur nach Odrichs Beobachtung alle hingaben?
Bekanntlich ist der Japaner Faible für Golf ein ganz besonderes, wiewohl die Landschaft nicht gerade die großzügige Verbreitung entsprechender Anlagen erlaubt. Die einen behelfen sich mit mehr oder weniger bemühter Abschlag-Pantomime vor Bahnsteigen oder an anderen Warteplätzen. Was ein recht lustiges Bild machen muss: Wie Kendo mit imaginärem Bambusschwert. Oder sie dreschen zu Hunderten Golfbälle aus Standplätzen über mehreren Etagen in dichte Metallnetze. Das Bild des Bucheinbands zeigt diese Kuriosität. Gäbe es eine Weltmeisterschaft in Abschlageleganz – die Japaner schafften es wohl auch in dieser Disziplin zur führenden Nation.