Königreich der Roboter
Buchtitel: Roboter in Japan. Ursachen und Hintergründe eines Phänomens
Autor: Alexander Wißnet
Verlag, Erscheinungsjahr: Iudicium, 2007
ISBN 978-3-89129-188-7
Die vorliegende Darstellung wurde als Magisterarbeit der Ludwig-Maximilians-Universität München angenommen. Sie verfolgt weniger die komplexe Entwicklung der Robotik als Wissenschaft in Japan nachzuzeichnen, die die einschlägige Fachliteratur ohnehin laufend abbildet, als vielmehr die Einführung von Automaten vor ihrem kulturgeschichtlichen Hintergrund zu beleuchten. Auch hätte es den Rahmen der Arbeit gesprengt, einen Kulturvergleich anzustrengen und die Hervorbringungen der Antike [etwa beginnend mit der ersten Erwähnung eines Automaten überhaupt, der hölzernen Taube des Pythagoreers Archytas], der europäischen Neuzeit, des arabischen Raums und verwandter Phänomene in China miteinander in Beziehung zu setzen. Der Autor geht in der Einleitung kurz darauf ein.
Ausgangspunkt der Arbeit ist folgendes Faktum: „Heute gilt Japan als das wichtigste Herstellungsland von Robotern mit über 150 Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, und einem Anteil von ca. 60% der Weltproduktion.“(S. 39)
Tatsächlich liegen die Anfänge der „Automatisation“ im unterhaltenden und spielerischen Bereich. Der Autor beschreibt wie durch Adaptierung europäischer Uhrenmechanik – mit dem Abstrich, dass Feinteile nicht aus Metall, sondern aus Holz oder Walfischbarte gefertigt wurden – bereits in der Edo-Zeit so genannte karakuri ningyô, „mechanische Puppen“, in Erscheinung traten. Zum Beispiel die chahakobi ningyô, die Tee servierende Puppe (Abbildung S. 23). Eine Anleitung zum Bau solcher Gerätschaften stellte das karakuri zui dar, das 1796 von Hosokawa Yorinao veröffentlicht wurde (S. 25 ff.).
Vergnügungsparks, etwa in Ôsaka durch den Uhrmacher Takeda Ômi (S. 32), wurden mit allerlei Arten von karakuri ningyô ausstaffiert und damit einem breiten Publikum vorgestellt. Der Autor vermutet, dass damit die Grundlage für den unbefangenen Umgang der Japaner mit unterstützenden Mechaniken und schließlich Robotern gelegt wurde, was sich gleichsam bis in die Gegenwart auch in der (Unterhaltungs-)Literatur spiegelt, während im westlichen Kontext Roboter zuweilen im Zusammenhang mit Dystopien literarisiert werden.
Ein erster Boom von Industrierobotern in der Fertigung wird auf die wirtschaftliche Erstarkung Japans, bei gleichzeitigem Auftreten eines Arbeitskräftemangels, zurückgeführt. Der forcierte Einsatz von ausländischen Arbeitskräften war und ist in Japan bekanntermaßen nicht gerade populär. In der fortschreitenden Überalterung der Bevölkerungsstruktur und dem dadurch bewirkten Effekt, dass ein schrumpfender Anteil an Erwerbstätigen die Produktivkräfte stellen werden, liegt denn auch die Ursache für den weiter wachsenden Einsatz von Robotern.
Schließlich widmet sich der Autor ausgewählten Apparaten. Die Produktion von Sonys Roboterhund „AIBO“ wurde trotz seines Erfolgs zwischenzeitlich eingestellt, der von Honda entwickelte Androide „ASIMO“ ist noch weit davon entfernt in Serie zu gehen. Reüssieren kann bislang eigentlich nur der Therapieroboterseehund „Paro“(S. 62 ff.). Alexander Wißnet schildert sehr anschaulich, aus welcher Entwicklungsreihe dieses Stofftier mit intelligentem Innenleben schließlich hervorgegangen ist.
In dem Buch werden die japanischen Begriffe nachvollziehbar erklärt, es enthält zahlreiche Photos und es ist zudem, auch nicht schlecht für eine Diplomarbeit, durch einen Index erschlossen.
Im Vorwort verspricht der Autor ein kurzweiliges Buch. Diesen Anspruch erfüllt es in der Tat ganz und gar.
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