Aspekte der Unternehmenskultur
Buchtitel: Kultur als Determinante der Wirtschaft? Unternehmensphilosophien in Japan
Autor: Thomas Feldmann
Verlag, Erscheinungsjahr: Iudicium, 2007
ISBN 978-3-89129-872-5
Unabhängig davon wie man die ökonomische Entwicklung der Volksrepublik China einschätzt, wird sich an dem Faktum, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt Japan darstellt, so rapide nichts ändern. Nach Überwindung der Wechselfälle der 1990er Jahre und der eher kurzlebigen Konjunktur angloamerikanischer Patentrezepte zur Überwindung der Krise, behauptet Japan als Wirtschaftsmacht unangefochten seine Position. Dass es einen japanischen Weg gibt, oder eine japanische Art des Wirtschaftens, wird natürlich von Japanern selbst gerne kolportiert, behält aber auch im internationalen Vergleich durchaus seine Gültigkeit. Dass das Shareholder-Value-Denken in Japan auf keine fruchtbaren Böden fällt, mögen internationale Investmentfonds kritisieren. Der Umstand, dass manche börsenotierte Firmen einen höheren Buch- als Marktwert aufweisen, wie Thomas Fuster in der NZZ jüngst beschrieb (aufgrund brachliegenden Geldes), mag ein ganz besonderes Kuriosum darstellen. Aber der Umstand, dass international tätige Firmen wie Canon am Prinzip der lebenslangen Anstellung ihrer Mitarbeiter festhalten, nötigt Respekt ab. In Europa reißt es ja ein, dass die wohlhabendsten Firmen, um noch wohlhabender zu werden, tatkräftig ihre Angestellten freisetzen, wie es euphemistisch heißt.
Die Rede ist hier also von Unternehmenskultur.
Daraus einen Aspekt zu entnehmen und ihn in den Rahmen einer größeren Untersuchung zu stellen, betreibt die vorliegende Studie, die ursprünglich als Diplomarbeit des Fachs Ostasienwissenschaften [vermutlich an der Universität Duisburg] approbiert worden ist.
Hauptanliegen ist es, der Frage nachzugehen, „ob und inwieweit Kultur ökonomische Prozesse determiniere.“(S. 86)
Zu diesem Behufe wird vorab die Definitionsliteratur zum Begriff „Kultur“ etwas durchforstet [ein im wahrsten Sinne des Wortes weites Feld], um schließlich beim Terminus der Organisationskultur, wie er in der zeitgenössischen Betriebswirtschaftslehre Verwendung findet, als operationaler Basis zu verbleiben. Kern der Untersuchung bilden die schriftlich fixierten Grundsätze ausgewählter japanischer Unternehmen, was man mit shaze, shakun oder keiei rinen (S. 59) wiedergibt, auf Deutsch Firmenphilosophie oder Leitbild nennt.
„In Japan sind Unternehmensphilosophien im größeren Maße verbreitet und stärker kulturell verankert als dies in Europa oder den USA der Fall ist.“(S. 51)
Der Autor formuliert die Hypothese, dass international ausgerichtete japanische Unternehmen einen weniger traditionell fixierten Wertekanon explizit machen, als dies bei weniger großen und mittelständischen Unternehmen der Fall ist. Diese Hypothese stellt sich dann vor dem Hintergrund des Untersuchungsmaterials (Inhaltsanalyse von 30 aktuellen japanischen Unternehmensphilosophien) als nicht haltbar heraus: „Japantypische Elemente“ (z. B.: Zuverlässigkeit, Aufrichtigkeit, Harmonie) enthalten auch „die Unternehmensphilosophien global tätiger japanischer Unternehmen“(S. 88).
Interessant ist die wachsende Gesellschaftsorientierung der Formulierungen. „Die früher so wichtige Staatsverbundenheit existiert in japanischen Unternehmensphilosophien nahezu gar nicht mehr.“(S. 75).
Als Desiderata der Arbeit werden abschließend unter anderem angeführt: Eine Ausweitung der Untersuchung auf deutlicher unterschiedene Untersuchungseinheiten (international agierende Konzerne und Kleinbetriebe), eine topographische Situierung, sowie die Veränderung der Leitbilder in größerem zeitlichen Verlauf unter Berücksichtigung der Dynamik der japanischen Kultur.
Es steht also zu erwarten, dass der Autor auch hinkünftig mit der Materie befasst bleiben wird.
Allen, die an seriöser Beschäftigung mit der japanischen Unternehmenskultur interessiert sind, ist damit eine nutzbringende Untersuchung in die Hand gegeben.
Hinweis:
Fuster, Thomas: Kapitalismus nach japanischer Art. Eine verwestlichte Oberfläche auf einem stark tradierten Unterbau, in: Neue Zürcher Zeitung, internationale Ausgabe, 14./15.7.2007, S. 13
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