Tokyo Superdichte

Buchtitel: Tokyo Superdichte
Autor: Wolfgang Koelbl
Verlag, Erscheinungsjahr: Ritter, 2000
ISBN 3-85415-281-7

In einer Einstellung des Films “L + R” von Edgar Honetschläger schippert Kudo Yukika in einem Nachen durch eine der Wasseradern Tokios, überschattet von den Schleifen unablässig frequentierter Autostraßen. Ein anachronistisches Neben-, bzw. Übereinander zweierlei Arten Vorankommens. Nur zwei von vielen.
“An den Bahnsteigen der Zentralstation Shinjuku steigen täglich mehr als 1.700.000 Passagiere aus den permanent anrollenden Zügen aus. […] Die gleiche Anzahl steigt wieder ein. In Summe über 3.400.000 Bewegungen pro Tag im Jahresdurchschnitt.”(S. 54) Der Architekt Wolfgang Koelbl befand sich 1996/97 im Rahmen eines Projektstipendiums in Tokio, ein Phänomen zu beschreiben, das er als Superdichte bezeichnet: die größtmögliche Konzentration urbaner Situationen. Nicht nur darin ist Tokio unvergleichlich.
“Tokyo verursacht Verwirrung. […] Es gibt weder Hausnummern noch Straßenbezeichnungen. Nur Brücken und wenige Hauptdurchzugsstraßen tragen einen Namen. Dennoch ist jeder Ort eindeutig fixiert, mittels eines gestaffelten Zahlencodes, beginnend mit dem Ward (Stadtbezirk) bis hin zur Grundstücksnummer, der kleinsten Codeeinheit. Diese Codeadresse ist in entsprechenden Stadtplänen verzeichnet, wird aber nicht auf den Realraum übertragen und bleibt eine nur für Spezialisten zugängige [sic!] Informationsstruktur.”(S. 60)
Tokio organisatorisch zu definieren hängt davon ab, ob man darunter die City (7,9 Mill. Ew.) versteht, die Präfektur (11,7 Mill. Ew.) oder die Präfekturen Tokio, Chiba, Kanagawa und Saitama zur so genannten “Greater Tokyo Metropolitan Area” (32,6 Mill. Ew.) zusammenfasst. Noch eindrücklicher als Bewohnerzahlen sind Potentialschwankungen, die ein Bild der täglichen Mobilität in dieser Region liefern. Die Ausmaße sind allenthalben so gigantisch wie die geschilderte Fahrgastfrequenz der Zentralstation in Shinjuku. Eine Ursache hiefür ist natürlich die funktionale Segregation der Stadtteile (Trennung von Wohn- und Arbeitsort), aber auch das Phänomen der funktionalen Konzentration (Verkehrsknotenpunkt, Einkaufs-, Unterhaltungs-, Verwaltungszentrum). In Tokio sind die diesbezüglichen Dimensionen nicht einfach nur größer, sie sind es in einem mit anderen Städten unvergleichlichen Maß.



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