Bilder der Vergangenheit
Buchtitel: Japonia. Bilder von Japan in den Büchern der Provinzialbibliothek Amberg
Autor/Kurator: Georg Schrott
Verlag, Erscheinungsjahr: Iudicium, 2022
ISBN 978-3-86205-556-2
Amberg ist immer eine Reise wert – nein, nicht nach Italien, wie Helge Schneider es auf Wien münzte – sondern ernst gemeint. Allein der Stadtbrille wegen… Noch bis Mitte Juli 2022 läuft in der Provinzialbibliothek eine Ausstellung unter dem Titel „Japonia“, die vornehmlich auf Bildwerken basiert, die Bibliotheksbeständen vormals säkularisierter Klöster (der Oberpfalz) entstammen. Das Buch ist der, dieselbe begleitende, respektive ergänzende, Katalog.
Dass hierbei der europäische Blick auf Japan im Wandel der Kulturgeschichte erfasst wird, versteht sich, vielleicht auch als Sehschule des spezifischen Exotismus, der seinerseits Prozessen der Anpassung, der Vereinnahmung, der Idealisierung, der Überhöhung und des Missverständnisses unterworfen war und ist. Darin offenbaren sich die zeitbedingten Beschränkungen, welche die Bilder, die über „die anderen“ kolportiert werden, färben. Gänzlich frei von ihnen darf sich keine Epoche dünken, worauf der Autor resümierend verweist, auch die unsrige nicht, in der das Bestreben das Echte und dieses authentisch zu erfassen, mitunter sektiererische Züge annehmen kann. Wer denn die Japaner wären, lässt sich genauso wenig allgemein verbindlich deuten wie das „Wesen der Deutschen“ oder die „Mentalität der Österreicher“. Dass unsere Universitäten heutigentags keine Lehrstühle der Völkerpsychologie mehr unterhalten, ist fortschreitendem Erkenntnisgewinn auf deutlich ausdifferenzierteren Fachgebieten einerseits, einem obligatorisch gewordenen Maß an kritischer Reflexion (wie etwa den Post-colonial Studies) andererseits geschuldet.
Man sollte sich den Bildern dieser Ausstellung also durchaus nicht mit dem Dünkel einer gewissen Überheblichkeit nähern, die einen die fern gewordenen Epochen des eigenen Kulturkreises als ebenso fremd anmuten lassen wie das schlechthin Fremde. Dass den Bildern aus der Ära der Missionierung ein bestimmter, belehrender Duktus eingeschrieben ist, wie jenen Darstellungen, die das Martyrium verfolgter Glaubenszeugen überliefern, erhellt auch in der Vergegenwärtigung der Adressaten. In der Ära der Landesabschließung dünnt die „Bildberichterstattung“ erwartungsgemäß aus und fällt mit dem schwindenden Interesse am fernen Land in eins, um spätestens in der Epoche Meiji schillernd zu werden. Der Zeitraum ab der erzwungenen Öffnung bis zum Ende des verheerendsten der Weltkriege, war auch in Europa von Umbrüchen und Verwerfungen geprägt, was nicht vergessen werden sollte. Die Bilder der Gegenwart wären freilich Gegenstand einer anderen Ausstellung.