Legenden und Anekdoten
Buchtitel: Von Amaterasu bis Olympia. 45 historische und sagenhafte Erzählungen aus Japan
Erzählerin und Illustratorin: Nakamura Mami [ins Deutsche übersetzt von Hashimoto Takashi, überarbeitet von Marianne Binzen]
Herausgeber: Deutsch-Japanische Gesellschaft Trier e. V.
Verlag, Erscheinungsjahr: Iudicium, 2020
ISBN 978-3-86205-608-8
Das vorliegende Buch versteht sich als Handreichung, anhand ausgewählter Erzählungen einem breiteren Publikum „Japans Seele“ nahezubringen. Legenden und Göttergeschichten, entnommen dem Kanon der Überlieferung. Einigen mag das eine oder andere geläufig sein, die sich in der Sache bewandert wähnen und gewiss fand sich manche Schilderung auch schon drastischer wiedergegeben. Zum Beispiel die Hervorlockung Amaterasus aus der Kaverne, in die sie sich zurückgezogen hatte. Bisweilen mag auch die Verdeutlichung des Ethos der Vasallen-Gefolgschaft etwas hölzern wirken. Das kann den Gesamteindruck der Kompilation jedoch nicht beeinträchtigen. Wenngleich sie in erster Linie an „Neueinsteiger“ adressiert scheint, wird auch ein größerer Kreis aus der Lektüre Nutzen ziehen.
So erfährt man wie jener Überwurf aus Reisstroh, der als Regenschutz verwendet wurde, bezeichnet wird (mino), ruft sich in Erinnerung woher das mythische Schwert Kusanagi stammt oder wessen Grablege der Daisenryō-Kofun in Sakai ist, die als eine der größten Grabstätten der Welt gilt.
Man liest: An welche Nutznießer der denkt, der Bäume veredelt. Welcher Gewinn daraus gezogen werden kann von kurzfristigem Vorteil abzusehen, um in Bildung zu investieren (am Beispiel der Gründungsgeschichte der Kokkan-Schule in Nagaoka). Über die größten Meister der Kalligraphie. Die Haiku-Dichterin Chiyo oder den orakelnden Hasen von Inaba. Die Unterweisung des Gelehrten Moto’ori Norinaga durch Kamono Mabuchi und natürlich von den 47 Rōnin aus Akō deren man im Sengaku-ji in Tokyo gedenkt.
Wie kam der Spiegel der Sonnengöttin nach Ise? Kann man hier nachlesen. Was wurde 1964 gleich nochmal Ereignis? (Abgesehen davon, dass Maggie Cheung und Yoshimoto Banana in diesem Jahr geboren wurden.) Die Olympischen Spiele in Tokyo fanden statt, als deren Wegbereiter sich ein US-Bürger mit japanischen Wurzeln verdient machte: Wada Isamu.
Allein die wehrhafte Komatsuhime, die die Burg ihres Gatten während dessen Abwesenheit im Feld verteidigte, schwang wohl eher keine Hellebarde, sondern die naginata, wie auch im beigegebenen japanischen Textkonvolut zu lesen ist (薙刀).
In der Geschichte über Sanada Yukimura in der Schlacht von Osaka heißt es: „Sie kämpften mit kreuzförmigen Speeren.“ – Speere? Die begleitende Illustration zeigt einen Samurai zu Pferd mit einer Lanze, die man yari nennt. Und ein yari funktioniert nicht als Wurfwaffe.
Das Buch kann als eine schöne Gabe an jene fungieren, die man mit Japan und einigen Aspekten seiner Kulturgeschichte vertraut machen möchte.
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