Ein Amerikaner in der Zone

Buchtitel: Sperrzone Fukushima. Ein Bericht
Autor: William T. Vollmann. Aus dem Englischen von Robin Detje
Verlag, Erscheinungsjahr: Suhrkamp, 2011
ISBN 978-3-518-06210-4

Okay, man könnte ausrufen: Nicht schon wieder! Aber leider wird uns das Thema noch eine ganze Weile zu denken geben. Außer denjenigen, die auf den Modus der Übersättigung gewechselt haben. Wohl eine Art Idiosynkrasie, die sich nur leisten kann, wer Betroffenheit nicht wirklich an sich herankommen lässt. Ich muss gestehen, dass ich William T. Vollmann als einen der „bedeutendsten amerikanischen Autoren der Gegenwart“, wie es am Buchrücken geschrieben steht, bislang nicht wahrgenommen habe. Dessen ungeachtet gefällt mir aber dessen flapsige Herangehensweise, die nicht den Mister Obergescheit hervorkehrt, der sich schlauer gibt als der Durchschnitt. Wie Radioaktivität gemessen wird und was Messwerte tatsächlich aussagen, kann einen ziemlich verwirren und diese Verwirrung zusätzlich zu einer von Behörden und Fachleuten veranstalteten und zu verantwortenden Verunsicherung, muss weniger duldsame Naturen wie die japanische vollends zerknirschen. Die Menschen in den betroffenen Gebieten des verheerenden Tsunami und der Atomkatastrophe können einem leidtun. Vollmann reist mit der Vollmacht eines Journalisten und einem Dosimeter ausstaffiert nach Japan und mischt sich mit einheimischer Übersetzerin in der Begleitung mitten unter Leidtragende und inkompetente Behördenvertreter. Die Ironie, mittels derer er letztere entlarvt und die eigene Zurückhaltung, die den Worten der vom Schicksal geschlagenen Raum lässt (in Sendai, in Ishinomaki, in Kesenuma oder auf Oshima) nimmt für das Buch ein. Unter den mittlerweile zahlreichen Neuerscheinungen über die Folgen des Großen Ostjapanischen Bebens ist es eines der unaufdringlichen und wahrhaftigen. Man liest es zwischen Aufgeräumtheit und Beklemmung schwankend. Ein Beispiel: Mit Fahrer und Dolmetscherin nähert sich der Autor Futenba bis nach dorthin, wo ein Hinweisschild der Präfektur jegliche Weiterfahrt untersagt, während die Polizei an gleicher Stelle verkündet, das Weiterkommen sei eingeschränkt. „Ich sagte dem Fahrer, diese Exkursion sei sehr interessant. Er kicherte: ‚Ich werde kooperieren, soweit es geht, ich lebe sowieso nicht mehr lange.“(S. 65)
Auf dem Weg nach Kawauchi fragt Vollmann einen betagten Fischer in Wathosen: „’Ist es hier gefährlich?’ – ‚ Sie sagen nicht, es sei ungefährlich.’“(S. 72)



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