Resident in Japan

Buchtitel: Neugierig auf Japan
Autor: Martin B. Stanzeleit
Verlag, Erscheinungsjahr: Wiesenburg, 2008 (4. Aufl.)

Zum Glück quetscht nicht jeder, der aus Japan schon einmal so was wie eine Postkarte erhalten hat, seine Erfahrungen mit dem Land der aufgehenden Sonne in ein Buch und versucht es zu verscheuern. Aus der schier unüberschaubaren Fülle an enervierenden guten Ratschlägern und seichten Erlebniskolportagen ragen etliche gehaltvolle, die man keineswegs missen möchte, deutlich heraus. Dass nicht nur ich das Werk von Martin Stanzeleit, der als Cellist in Hiroshima sein und seiner Familie Brot erfiedelt [Nein, nicht unter der Brücke mit dargereichtem Hut!], für ein solches erbauliches erachtet, mag auch daran abzulesen sein, dass es seit seinem Erscheinen, 2006, nunmehr bereits in vierter Auflage gedruckt vorliegt. Kurzweilig ist die Sache allemal geraten und man bekommt so richtig schön vermittelt, wie man als gaijin in Japan unvermeidlich von einem Fettnapf in den anderen tölpelt, bzw. über den zahllosen Sonderbarkeiten des Landes und seiner Menschen aus beständiger Verwunderung gar nicht mehr herausfindet. Auch ist die Tücke des japanischen Objekts nachgerade für Europäer eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Nicht nur was die Dimensionierung der Badewannen anlangt und das Überleben in den Kapselhotels.
Wer sich immer schon gefragt hat, was im Land der unzähligen Kirschbäume mit den Kirschen veranstaltet zu werden pflegt – also nicht mit den Blüten, sondern den Früchten! – bekommt hier die ultimative, leicht ernüchternde Wahrheit gesteckt: „Die schönsten japanischen Kirschbäume haben praktischerweise keine Kirschen. Das lästige Pflücken der reifen Früchte bleibt den Leuten ebenso erspart wie das anschließende Aufessen.“(S. 11) Das erklärt meines Erachtens recht schlüssig, warum bei den Weltmeisterschaften im Kirschkernweitspucken bislang noch nie ein Japaner zu reüssieren vermochte. [Vielleicht findet sich ja eine Seele, den japanischen Sportminister von dieser alarmierenden Dramatik in Kenntnis zu setzen!]
Was lernt man sonst noch aus dem schönen Buch? Etwa, dass man sich die pragmatische Art der Mülltrennung – tschüß und weg – in Japan abschminken kann. Zumindest im verbauten Gelände. Im Kapitel „48 Arten, den Müll zu trennen“(S. 37 ff.) erfährt man, dass es für jedwedes Fuzzelchen einen extra Abholtermin zu gewärtigen gilt, will man in seiner Schrankwohnung nicht unbeabsichtigt zum Messie werden.
Japanische Privathäuser sind, angesichts der Tatsache dass Baugrund und –boden Mangelware ist, die reinsten Kabäuschen.
Die Superschnellzüge sind superschnell und ohne Restaurantgarnituren unterwegs, das Anbauen von Fahrkarten erweist sich gerade vor einem beabsichtigen Aussteigen als nicht zweckdienlich.
In Japan kann es während der Regenzeit dermaßen schwül werden, dass die Verschimmelung der eigenen Barthaare droht.
Japanischen Zikaden und ähnlichem Geschmeiß eignet ein besonders penetrantes Organ, sodass als Vater von Oropax eigentlich ein Japaner hätte auftrumpfen müssen [In Wahrheit ist es freilich ein Deutscher gewesen!].
Die rüstigsten Opas und Omas der Welt sind wo daheim? Natürlich in Japan!
Ein ganz wunderbares Buch! Resümee: Koffer packen, sich in Japan verheiraten, dort bleiben!



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