Wirbel in Ostasien
In der Vorwoche wurde die Kontroverse um die Entsendung eines südkoreanischen Forschungsschiffes in das Seegebiet um Dokdo/Takeshima sowohl von den nordkoreanischen Raketentests, als auch von den Verheerungen des Wirbelsturms Ewiniar überlagert, der in Korea und China etliche und in Japan bislang ein Menschenleben gefordert hat.
In den Nachrichtensendungen des Österreichischen Rundfunks (Ö1) wurde gestern (10.07.2006) berichtet, Japan erwäge seine Verfassung dahingehend zu konsultieren, inwiefern präventive Militäroperationen den Selbstverteidigungskräften zur Abwehr geplanter Feindseligkeiten geboten sein könnten. Den konkreten Anlass für diese Betrachtungen liefert die jüngste Serie nordkoreanischer Raketentests, die die Region in nicht geringe Aufregung versetzt. Eine Abstimmung über die von Japan im UN-Sicherheitsrat eingebrachte Resolution, das Vorgehen Nordkoreas als Gefährdung des Weltfriedens einzustufen, wurde indes verschoben. Die etwa zeitgleich von Indien durchgeführten Experimente mit dieser Waffengattung sind freilich nur als Ausdruck indischer Friedensliebe zu verstehen und die umfassenden Seemanöver US-amerikanischer Streitkräfte im Pazifik allenfalls unter dem Motto “fröhliche Bootsfahrt” zu berichten.
Kim Su-kyong gibt als Kolumnist des “Korea Herald” zu bedenken, dass das US-amerikanische Bemühen, hinterwäldlerischen Nationen unter autoritärer Führung Freiheit, Wohlstand und Demokratie angedeihen zu lassen, gerade in jüngster Zeit nicht eben verfangen hat (Afghanistan, Irak). Im Umgang mit Nordkorea wäre eine subtilere Diplomatie angezeigt. Die in der Republik Korea freilich auch schon (wieder) kontroversiell diskutiert wird.
“The Japan Times” berichtet, Shinzo Abe (hochrangiger Beamter im Kabinett des Ministerpräsidenten) habe am Montag zwar die Möglichkeit einer begrenzten Militäroperation durch die Verfassung gedeckt gesehen, dieselbe Möglichkeit aber nur als theoretische und keinesfalls als realistische verstanden. Es müsste zunächst eine breitere Debatte darüber Platz greifen. 2003 hatte General Shigeru Ishiba empfohlen, nordkoreanische Raketenabschusseinrichtungen im Bedarfsfall durch einen Militärschlag der USA neutralisieren zu lassen.
Südkoreanische Medien sehen die Auswirkungen solcher Maßnahmen für die gesamte koreanische Halbinsel jedenfalls als katastrophal an und plädieren, auch die noch in Aussicht gestellten Raketentests Nordkoreas keinesfalls überzubewerten.
Was immer Pyongyang mit seinen Drohgebärden zu beabsichtigen gedenkt, Mathew Maavak kann im “Korea Herald” zumindest eine Auswirkung erkennen: der Nikkei Index steigt.
Quellen:
Isle tensions flare up again. Seoul ignores warnings, sends ship for sea survey [Hiroko Nakata]. The Japan Times, 04.07.2006
S. Korea vessel crosses the line. The Asahi Shimbun, 06.07.2006
Seoul’s survey in disputed seas riles Tokyo. The Japan Times, 06.07.2006
Uno verschiebt Abstimmung. NZZ Online, 1.07.2006
Criticism builds over Seoul’s handling of missile crisis [Kim Ji-hyun]. The Korea Herald, 11.07.2006
Typhoon claimes Japanese fisherman. The Korea Herald, 11.07.2006
N.K. missiles beef up Japan defense sector [Mathew Maavak]. The Korea Herald, 11.07.2006
Don’t be hasty about recalcitrant N.K. [Kim Su-kyong]. The Korea Herald, 11.07.2006
First strike permitted if attack imminent: Abe. [Hiroko Nakata]. The Japan Times, 11.07.2006