Unter Bergmännern

Buchtitel: Der Bergmann
Autor: Natsume Sōseki. Aus dem Japanischen von Franz Hintereder-Emde
Verlag, Erscheinungsjahr: Dumont, 2018
ISBN 978-3-8321-6446-1

Dass sich die japanische Literatur innert weniger Dezennien nach der erzwungenen Öffnung des Landes in den Rang der Weltliteratur schrieb, ist Hommes des lettres vom Schlage eines Natsume Sōseki geschuldet, heißt es. Dessen „Roman“ Der Bergmann aus den Anfangsjahren seiner Existenz als freier Schriftsteller wird hiermit in deutscher Übertragung Interessierten zugänglich gemacht.
Mutet an wie eine Coming of age-Geschichte à la japonaise, mit dem Unterschied, dass sich hier der japanische Holden Caulfield den Tort schwerer körperlicher Arbeit anzutun sich anschickt. Nachwirkungen vergeigter Beziehungen zu zwei Frauen namens Tsuyako und Sumie, Selbstvernichtungsgedanken und so etwas wie Weltekel (ohne dass Sartre antizipiert würde), treiben den jugendlichen Protagonisten an, der die Elaborate einer retrospektiven Introspektion kompiliert. Ohne freilich einen Roman erzeugen zu wollen. Selbstredend heißt es also: „An mir ist bestimmt keine Romanfigur verlorengegangen (…).“(S. 193) Gleichwohl eine bestimmte, unerwartete Begegnung „der reinste Roman“(S. 206) ist, lautet das Resümee, „dass das hier kein Roman geworden ist.“(S. 231) Naja, vielleicht ein bisschen zu deutlich aufgetragen.
Die Vergleichsziehung mit Proust und Joyce am hinteren Einbanddeckel ist reines Marketing und nicht sinnfällig. Leserinnen wie Leser sollten sich davon nicht beeinflussen lassen, sondern sich die Sache möglichst erwartungsfrei reinziehen.
Der Konversationston mutet zuweilen etwas theatralisch an und gemahnt in seinem aufgesetzten Pathos an den Überschwang zum Overacting im asiatischen Film. Inwieweit diese Stilistik eine Tradition fortschreibt oder sie stattdessen begründet, entzieht sich meiner schlichten Kenntnis. So manche Formulierung lässt einen rätseln, ob sich in der Übersetzung tatsächlich das Original spiegelt. „Dieser grünliche Gestank (…)“(S. 146) ergibt wohl im Japanischen ebenso wenig Sinn. Und „(…) genau eine Fußlänge zu spät.“(S. 174) hatscht ziemlich. Das Bild von den „Wellen wie Fischflossen“(S. 181) lässt einem schwerlich in Gedanken Analoges vor Augen treten.
Im Vorwort von Haruki Murakami erklärt dieser die Entstehungsgeschichte dieses Werkes, das er als eines der ihm Wichtigsten von anderen Autoren zu erkennen gibt.



Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.