Aktuelles über Japan

Buchtitel: Japan nach Koizumi. Wandel in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
Herausgeber: Michael Behrens ; Jochen Legewie
Verlag, Erscheinungsjahr: Nomos, 2007
ISBN 978-3-8329-2824-7

Analysen der Gegenwart haben oft den Nachteil, dass sie durch aktuelle Entwicklungen rasch veralten. Ein Band mit dem Titel „Japan nach Koizumi“ hat eine Ära unter dem einen Premier zu bilanzieren und die voraussichtlichen Entwicklungen unter seinem Nachfolger zu erörtern. Nun heißt Koizumis Nachfolger aber bereits nicht mehr Abe, sondern, wie bekannt, Fukuda. Dieses Kompendium deshalb schon aus der Hand zu legen, wäre dennoch voreilig, bietet es doch eine Fülle von Einsichten und Überlegungen, die von den neuesten tagespolitischen Ereignissen keineswegs in den Schatten gestellt werden.
Absicht der Herausgeber ist es, der deutschsprachigen Leserschaft einen möglichst umfassenden Einblick in das Japan der Gegenwart zu ermöglichen. Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des zunehmend an Bedeutung gewinnenden Marktes Ostasiens, sowie der internationalen Verflechtungen, nicht nur mit China, sondern im wachsenden Ausmaß eben auch mit Japan.
Etliche Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler/innen konnten für die Autorschaft gewonnen werden zu den Themenkreisen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu referieren.
Eine Auswahl:
Gerhard Hielscher resümiert in seinem Aufsatz „5 Jahre Premier Koizumi: Was hat sich in Japan verändert?“ (S. 27 ff.) diese Zeit als durchwachsen.
Axel Klein beleuchtet in „Japans Kernreformen: Persönliche Handlungsspielräume und strukturelle Hindernisse“ (S. 37 ff.) den Raum der politischen Akteure. Dem Bemühen, die Mächtigkeit der Ministerialbürokratie zugunsten des Parlamentarismus einzuschränken, war bislang nur mäßiger Erfolg beschieden.
In „Land ohne Regierungswechsel? Oder warum in Japan noch immer die LDP dominiert“ (S. 49 ff.) versucht Patrick Köllner dieses für westliche Demokratien beinahe einzigartige Phänomen (wenn man von der bayrischen CSU absieht) zu erklären.
Michael Behrens widmet sein Augenmerk der „Vergangenheitsbewältigung oder Konfrontation: Der Yasukuni-Schrein als ein Fixpunkt japanischer Innen- und Außenpolitik“ (S. 61 ff.). Abes Vorgehensweise in gleicher Sache zu erwägen erübrigt sich nun und Premier Fukuda hat sich diesbezüglich noch nicht geäußert.
Hendrik-Meyer Ohle macht in seinem Aufsatz „Flexibilisierung des japanischen Arbeitsmarkts: Beschäftigungsmöglichkeiten für Jung und Alt, aber zu welchem Preis?“ (S. 165 ff.) auf den Wandel der japanischen Gesellschaft aufmerksam. Der Mythos von der Mittelstandsgesellschaft wird durch die wachsende Anzahl von Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, sowie durch die schleichende Armut von Teilen der Bevölkerung konterkariert: „Von 1990 bis 2005 ist die Zahl der Haushalte mit zwei Personen oder mehr, die über keine Ersparnisse verfügen, von 10% auf 23% angestiegen.“(S. 173)
Hans-Peter Musahl gibt in „Corporate Governance: Der japanische Weg zu guter Unternehmensführung“ (S. 189 ff.) Einblick in bizarre Besonderheiten, etwa wenn er auf „das Phänomen der berufsmäßigen Störer (sokai-ya)“(S. 193) während Aktionärsversammlungen hinweist.
Roman Ditzer widmet sich in „Das Toyota-Produktionssystem: Ein übertragbares Modell der Unternehmensführung aus Japan?“ (S. 203 ff.) einem Exportschlager, nämlich dem Know-how der Fertigung dieses beneidenswert erfolgreichen Vorzeigeunternehmens.
Jochen Legewie erläutert in „Japans Medien: Die vierte Macht im Staat“ (S. 265) die Chose mit den Presseclubs und warum die Zeitungslandschaft in Japan so ist wie sie ist.
In „Manga für die Welt: Das neue Gesicht der japanischen Kulturdiplomatie“ (S, 285 ff.) geht Wolfram Manzenreiter dem Phänomen der Populärkultur nach und warum gerade sie dazu dienen kann im ostasiatischen Raum ein Bild über Japan zu verbreiten, das die Peinlichkeiten von außenpolitischen Schnitzern überwölbt. In die Produktionsweise der Animationsfilme hat längst der Trend zum Outsourcing Einzug gehalten. „Die meisten der großen Firmen leiten Originalabzüge und digitale Daten [zur Weiterverarbeitung] an Betriebe in China, Südkorea, Vietnam und anderen Teilen Asiens weiter.“(S. 291)
Für alle die über Japan Bescheid wissen wollen, stellt das Buch eine überaus nützliche Handreichung dar.



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