Japan nach Sonnenuntergang

Buchtitel: Japan nach Sonnenuntergang. Unter Gangstern, Illegalen und Tagelöhnern
Autor: Wolfgang Herbert
Verlag, Erscheinungsjahr: Reimer, 2002
ISBN 3-496-02733-9

Die Vorstellung von der japanischen als einer besonders homogenen Gesellschaft spiegelt nicht die wirklichen Verhältnisse. Der österreichische Soziologe Wolfgang Herbert, Gastdozent an der Universität von Tokushima, verheiratet mit einer Japanerin und in der japanischen Sprache und einer regionalen Ausformung (Osaka-Dialekt) solcherart bewandert, dass Bewunderung einen ankommt, arbeitet seit Jahren über Menschen, die der Aufmerksamkeit und Wertschätzung der Öffentlichkeit entzogen sind (etwa die burakumin). Sein wissenschaftlicher Ansatz ist dabei der so genannten qualitativen Sozialforschung (speziell der Feldforschung) und der (an)teilnehmenden Beobachtung verpflichtet. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen sind damit immer wieder im höchsten Maße lesenswert.
Im vorliegenden Buch gewinnen wir Einblick über Gepflogenheiten und Konventionen der yakuza, die salopp mit Mafia gleichzusetzen genau die Ungenauigkeit verschuldete, die besondere Verfasstheit der organisierten Kriminalität in Japan nicht zu berücksichtigen. Man versteht sich auf Schutzgelderpressung, das Betreiben von Glückspielhallen und Tschecherantenkaschemmen, sowie auf Zuhälterei. (Das ist die Traditionslinie.) Im Zuge der Bubble-Economy und schon zuvor wurde auch das Baugewerbe infiltriert. Die Fingercision, also die Abtrennung von Fingergliedern als ein Akt der Verschuldenskompensation, ein Muss in jedem japanischen Gangsterfilm, ist in der Realität im Schwinden begriffen. (Immerhin ist ein solcherart Stigmatisierter als schwerer Junge ausgewiesen und nicht jeder kann Wert darauf legen, eine bestimmte Zugehörigkeit schon optisch zu demonstrieren). Weiters erfährt man einiges über das schwere Los der Tagelöhner, die in Arbeitsverhältnisse verstrickt sind, die es in Österreich inoffiziell nur am Arbeiterstrich und in Europa ansonsten nur noch in den südlichen Ländern gibt. Das Buch begleitet ein Literaturapparat, sowie ein Glossar der japanischen Fachwörter. In den Fussnoten erhält man immer wieder Informationen zur japanischen Populärkultur. So etwa, dass das japanische Pendant zum gegurgelten Schmachtfetzen enka heisst.



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