Die Art, sich in Japan zu verköstigen

Buchtitel: Der Gourmet. Von der Kunst allein zu genießen
Autor/Zeichner: Masayuki Kusumi / Jiro Taniguchi
Verlag, Erscheinungsjahr: Carlsen, 2014
ISBN 978-3-551-76867-4

Zunächst eine Warnung: Diese „graphic novel“ sollte man sich keinesfalls reinziehen, wenn man gerade Hunger verspürt und einem der Magen kracht. Man läuft ansonsten Gefahr sich selbst zu bemitleiden, wenn man verfolgt, welche Möglichkeiten sich einem japanischen Handlungsreisenden im Großraum Tokio (und darüber hinaus) in Sachen Verköstigung anbieten, währenddessen man selbst sich vielleicht in die kulinarische Pampa exiliert wähnt.
Die „Bilderbücher“ von Taniguchi sind zweifellos eine Klasse für sich. Jedes Panel ist in feinem Strich mit einer Liebe zum Detail ausgeführt, die einen in die Kulisse der geschilderten Handlungen hineinzieht, ohne doch die überbordende Ausstattung von Wimmelbildern zu bemühen. Wie in so manchen von Taniguchi adaptieren Geschichten passiert auch in der von Kusumi, die einigen Stationen im Leben des Einzelgängers Inokashira Goro folgt, herzlich wenig. Und auch von Dramatik keine Spur, wenn man vom Ah! und Oh! der jeweiligen Geschmacksempfindungen absieht.
In 16 Kapiteln folgen wir Inokashira beispielsweise wie er Unadon in Akahane isst, sich Yakiniku in Kawasaki gönnt oder sich nächtens in einem Conbini mit leckeren Fressalien eindeckt. Tenor der Stories: Nimm dir Zeit zum Essen und beteilige deine Sinne daran! Bevor sich nämlich über Geschmack streiten lässt, muss man ihn erst einmal entwickeln. Und das ist gar keine kleine Aufgabe. Der leider viel zu früh verstorbene österreichische Kochbuchautor und Gourmet-Kritiker Christoph Wagner meinte dazu in einem Rundfunk-Interview, man könnte dafür schon einmal den Gegenwert eines Hauses „verfressen“. Naja, vielleicht geht’s doch auch ein kleines bisschen preisgünstiger.
Dem Buch ist natürlich ein Glossar beigegeben, um die Bedeutungen der japanischen Begriffe nachschlagen zu können.
Wem sich die Gelegenheit bietet, der mache sich nach der Lektüre unmittelbar auf nach der nächsten Izakaya. Kanpei!



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