Lévi-Strauss über Japan

Buchtitel: Die andere Seite des Mondes. Schriften über Japan
Autor: Claude Lévi-Strauss. Aus dem Französischen von Eva Moldenhauer
Verlag, Erscheinungsjahr: Suhrkamp, 2012
ISBN 978-3-518-58577-1

Das 2011 in französischer Originalausgabe erschienene Werk bündelt Aufsätze und Vorträge des großen Ethnologen über ausgewählte Aspekte der japanischen Kultur. In ihnen spiegelt sich große Empathie für das Land und seine Menschen. Ebenso wie ein immenses Wissen über den Mythenschatz der Völker. Ähnlichkeiten in den Erzählstrukturen, die prima vista frappieren, etwa im Kojiki und im dreitausend Jahre älteren ägyptischen Roman, sind allerdings den elementaren Formatierungen des mythischen Denkens geschuldet. Lévi-Strauss preist das Genji monogatari, dem in der europäischen Literatur über Jahrhunderte nichts an die Seite gestellt werden kann, betört sich am Einzigartigen der japanischen Musik, bewundert die Kunst der Graphik und delektiert sich an den Hervorbringungen der Küche. Die „verkehrte Welt“ Japans erschließt sich ihm am Handwerkzeuggebrauch. In Japan wird die Säge zum Körper geführt, anstatt von ihm ab. Der Schneider führt den Faden nicht durch das Nadelöhr, sondern bewerkstelligt das Einfädeln gerade umgekehrt. Während einer seiner Besuche in Japan gelangt Lévi-Strauss auch auf den Ryūkyū-Archipel. Dort sieht er das gesamte religiöse Leben von Frauen beherrscht. Im Gespräch mit seinem japanischen Wissenschaftskollegen Kawada Junzo, 1993 für NHK, bricht sich ein gewisser Pessimismus Bahn. Obgleich zwei Drittel der Fläche Japans yama ist, nehmen Umweltverschmutzung und -zerstörung alarmierende Ausmaße an. Wiewohl Japan der so seltene wie beispiellose Glücksfall eines Brückenschlags zwischen Tradition und Moderne gelang, ist nicht gesagt, dass dieses Gelingen Verewigungscharakter gewinnen wird. Das Resümee aus den Tristes tropiques scheinen die Entwicklungen zu bestätigen. Na ja.



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